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Filmkritik: Toy Story 4


Als 1995 ein Space-Ranger auf der Mission die Welt vor dem Oberschurken Zurg zu befreien auf dem Bett eines kleinen Jungen landete und von einem Cowboy daran erinnert werden musste, dass er ein Spielzeug und kein echter Space-Ranger sei, war eine neue Filmreihe geboren, die auch knapp 25 Jahre später noch nichts von ihrem Witz, Charme und Einfallsreichtum verloren hat und mit dem nun mehr vierten Film der Reihe einen weiteren Meilenstein des Animationsfilms vorlegt. Es gibt tatsächlich kaum eine Filmreihe, die bei Publikum wie auch Kritikern so beliebt ist, wie die Toy Story - Filme. Kein Wunder also, dass nach dem grandiosen dritten Teil noch eine Fortsetzung folgen würde - auch wenn das Ende eigentlich der perfekte Abschluss der bis dahin dreiteiligen Reihe war.


Doch hier sind sie nun wieder, the toys are back in town: Cowboy Woody, Space Ranger Buzz Lightyear und zur Freude vieler Nostalgiker auch wieder Schäferin Porzellinchen mit ihren Schafen, nachdem sie im dritten Teil aus damals ungeklärten Gründen fehlte. Toy Story 4 beginnt mit der emotionalen Erklärung genau dieser Situation: Die draufgängerische Porzellandame verließ ihre Freunde damals in einer Kiste und wanderte zu einem neuen Besitzer. Von dort aus ging sie frei und ungebunden in die weite Welt hinaus. Existenzfragen waren schon immer ein wichtiges und spannendes Thema in der Spielzeugfiguren-Saga. Während Buzz im ersten Teil nicht akzeptieren wollte, dass er ein Spielzeug und kein echter Space-Ranger ist und Woody am eigenen Leib zu spüren bekam, dass er nicht (mehr) der Nabel der Welt für seinen Besitzer Andy war, erfuhr der loyale Cowboy im zweiten Teil, dass er eine wertvolle Sammlerfigur ist und zu einer ganzen Western-Serie mit weiteren Figuren gehört. Am Ende entscheidet er sich allerdings für seine Freunde und nicht für die staubfreie Vitrine. In Teil 3 wurde die Spielzeug-Gang damit konfrontiert, dass es nicht nur ein Leben nach dem Kind gibt, sondern auch das Ende, den Tod. Die Szenen in der Müllpresse und die Verabschiedung von Andy, ihrem Besitzer in den ersten drei Teilen, gehören zu den emotionalsten Momenten der Kinderfilmgeschichte.


Und nun also Porzellinchen: Taff, stark sowie mit Durchsetzungskraft und Freiheitsdrang ausgestattet, will sie keinem Kind gehören - sie will frei sein, selbst entscheiden, wann sie wohin geht. Ein verlorenes Spielzeug, wie es die anderen nennen. Ihr gegenüber steht Forky, eine der grandiosen neuen Figuren in der Reihe: Der Göffel, halb Gabel, halb Löffel, versteht nicht, dass er von Bonnie, seiner jungen Besitzerin, als Spielzeug erschaffen wurde und will sich immerzu in den nächsten Mülleimer stürzen. Woody muss ganze Arbeit leisten, um ihn während des Filmverlaufs davon zu überzeugen, gebraucht zu werden - als Spielzeug. Doch es ist auch einmal mehr Woodys eigene Odyssee, sein eigener Weg heraus aus der Unklarheit des Spielzeugdaseins in die weite Welt des Lebens. Es ist ein Abschied und gleichermaßen auch der Beginn von etwas Neuem.


Es kündigt sich während der ersten halben Stunde des Films schon an: Toy Story geht neue Wege. Die alten Spielzeuge, mit denen nicht nur Besitzer Andy, sondern auch der Zuschauer groß wurde, werden immer mehr zu Randfiguren. Dino Rex, Sparschwein Specki, Woodys treuer Gefährte Slinky und auch der vorlaute Charlie Naseweis... sie alle spielen nur eine untergeordnete Rolle in Toy Story 4. Immerhin Buzz Lightyear, die schrägste und beste Animationsfigur, die je geschaffen wurde, hat noch ein paar Auftritte, die es in sich haben. Sein Sprachmodul dient als sein Gewissen - und das sorgt für viele Lacher. Wer bin ich? Das fragen sich nicht nur Woody und Buzz, auch die antiquierte Puppe Gabby Gabby, die es auf Woodys Sprachmodul abgesehen hat, hat Existenzängste. Überhaupt sind die neuen Charaktere, unter ihnen auch Ducky und Bunny, ein Plüschtier-Duo der Sorte liebenswerte Dummschwätzer, sowie Duke Caboom - ein kanadischer Motorrad-Stuntmen (ebenfalls mit Existenzängsten), eine wahre Bereicherung für die Filmreihe.


Toy Story 4 ist mitunter philosophisch und poetisch-nostalgisch, ein Film bei Weitem nicht nur für Kinder, sondern viel eher für die Generation ihrer Eltern, die 1995 schon den Beginn dieser großartigen Filmreihe miterlebt haben. Auch diesmal gibt es wieder ein sehr emotionales Ende, das die Weichen für einen eventuellen fünften Teil stellt. Wenn die Qualität weiterhin auf diesem exorbitanten Level bleibt darf Toy Story gerne die nächsten 10, 20 oder 50 Jahre weiterlaufen. Einfach bis zur Unendlichkeit... und noch viel weiter!


★★★★★


Originaltitel: Toy Story 4

USA 2019 • 110 Minuten • Pixar Animation Studios • Kinostart: 15 August 2019 • FSK 0

Regie: Josh Cooley • Drehbuch: Andrew Stanton & Stephany Folsom • Musik: Randy Newman • Darsteller: Tom Hanks, Tim Allen, Annie Potts, Keanu Reeves, Keegan-Michael Key, Jordan Peele, Tony Hale, Christina Hendricks, Joan Cusack, Bonnie Hunt, John Ratzenberger, Wallace Shawn, Don Rickles, Mel Brooks, Bill Hader, June Squibb, Carl Weathers, Timothy Dalton, Flea, Patricia Arquette, Carl Reiner, Betty White, Carol Burnett

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